Ein kleiner Rückblick zur Basler Fasnacht 2014.
Heute geht es um die Alti Richtig und den Künstler Thomas Schütte , die uns im Hinblick auf die Basler Fasnacht 2014 im Larven Atelier Charivari besuchten. Die Alti Richtig wurde 1926 gegründet und ist heute eine lebendige Stammclique mit über 300 Mitgliedern. Die Clique umfasst Männer- und Frauensektionen, eine Junge Garde und eine eigene Trommel- und Pfeiferschule. Trotz ihrer Verbundenheit zum Traditionellen, fällt die Alti Richtig immer wieder durch avantgardistische Sujets und Züge auf. Die kommende Basler Fasnacht 2024 markiert 10 Jahre seit die "Ari" sich mit Thomas Schütte in Verbindung setzten.
"Alti Richtig" und Thomas Schütte an der Basler Fasnacht 2014
Vor ungefähr 10 Jahren, auf die Basler Fasnacht 2014 bekamen wir Besucht von der Ari Clique und dem berühmten Bildhauer Thomas Schütte. Zusammen wurde daran rumgefeilt wie man das Sujet der Ari umsetzen kann. Das Resultat liess sich sehen.
Nachfolgend natürlich die damaligen Presseschnipsel und weitere Informationen für alle interessierten oder nostalgischen Leser.
Neidbürger für die Alti Richtig
Die Basler Zeitung zur Basler Fasnacht 2014
Hier der Text in lesbarer Form:
Der weitberühmte Sculpteur Thomas Schütte schuf die Larven der Stammclique
Von -minu
Basel. Jeannot Tinguely hat einmal gesagt: «Die Basler Liebe (und auch das Verständnis) für Kunst hat mit der Fasnacht zu tun. Hier müssen sich die Bebbi nämlich Jahr für Jahr mit den verrückten Ideen eines Künstlers auseinandersetzen. Das bringt zwar rauchende Köpfe - aber auch Denkanstösse. Und es macht den Horizont frei für Neues.»
Tinguely hat zahlreiche Cliquenzüge und Larven der Kuttlebutzer geschaffen. Niki de Saint Phalle sowie Eva Aeppli (seine beiden Frauen) haben die Fasnacht mit ihren Kostümentwürfen inspiriert. Ebenfalls haben sich grosse Namen wie Cesar, Berrocal, Spoerri, Hofkunst in den Dienst der Fasnacht gestellt. Zusammen mit Joseph Beuys schuf die Alti Richtig 1978 den legendären Zug Feuerstätte II («The Hearth»). Die Clique hatte Beuys’ Feuerstätte I als Basis für ihr Sujet genommen und fragte den Künstler an, ob er beim Gestalten der Kostüme und Requisiten mithelfen würde. Beuys war von der Idee fasziniert. Und ist an der Fasnacht drei Tage lang mit «seinem» Zug mitgezogen. Im Nachhinein schuf er aus dem Material :in Werk, das er 1979 dem Basler Kunstnuseum schenkte — «Feuerstätte II».
Rund 35 Jahre später lässt sich die Alti Richtig wieder durch einen Künstler inspirieren: Schütte. Der Düsseldorfer ist für seine Plastiken, Installationen und Architekturentwürfe («Ferienhaus für Terroristen») berühmt. Seine Riesenköpfe («Dirty Dictators») haben wie auch die Bereno-Heads (aus MuranoGlas) weltweit in der Kunstszene Furore gemacht. Als Schütte seine Werke in der Fondation Beyeler zeigte, «hatten wir beim Anblick der «Innocenti> die zündende Larvenidee!», erklärt einer der Ari-Sujetkommission (die hier «Braintrust» genannt wird).
«Wir haben dieses Jahr den Neidgenossen (rund um die Abstimmung 1:12 schmeckte man ja den Neid überall) zum Sujet gemacht. Wir nehmen den Schweizer inden Fokus, der dem Nächsten nichts gönnen mag. Sondern sich nur im Kreis des Mittelmasses wohlfühlt, Wir suchten also nach einer entsprechenden Larve. Und da waren die «Innocent bei Beyeler eine Offenbarung. Also haben wir Schütte über E-Mail angekickt....» — so weit die Vorgeschichte aus dem Vokabular des Braintrusts.
Die Antwort kam dann postwendend aus Düsseldorf: «Ich mache mit, aber was ist die Basler Fasnacht?»
Grünes Licht aus Düsseldorf
Dank Theodora Vischer (sie war die Kuratorin der Schütte-Ausstellung), Mäni Christ (der berühmte Jung-Architekt und Arianer hatte die richtigen Türen geöffnet) und Fränzi Baltisberger, die in Windeseile Material über die Basler Fasnacht zusammenstellte, kam Grünlicht aus Düsseldorf. Man brauchte jetzt nur noch ein Larvenatelier, das Schüttes Neidgenossenkopf realisieren konnte. Roman Peter (Charivari) liess sich vom Zeitdruck nicht beeindrucken. Er kreierte aus Schüttes Vorlagen die ersten Entwürfe.
Der Künstler reiste nach Basel. Und tauchte in Roman Peters Larven Atelier auf. Beide begutachteten den Protoypen, feilten daran herum - und der Ari-Neidbürger 2014 war geboren.
Am späten Laternensonntag wartete man schliesslich vor dem Kunstmuseum gespannt, ob Schütte zur Lampenvernissage aus Düsseldorf anreisen würde. Er kam. Übernachtete im «Krafft».
Und er zeigte sich vom Resultat seines «Neidgenossen» beeindruckt: «Das Ganze hat mich in meiner Arbeit inspiriert. Es ist natürlich erwas ganz anderes, ob man mit Bronze, Keramik oder Glas arbeitet. Hier tat sich für mich wieder ein neuer Weg auf. Als Künstler steht man mitunter ziemlich alleine in seinem Atelier und wartet auf eine nächste Inspiration — diesmal kam sie aus Basel. Ich bin voll von neuen Ideen. Das ganze Cliquenzug-Projekt hat sich für mich mehr als gelohnt...»
Am Montag, nachdem er den Morgenstreich über dem Marktplatz genossen hatte und die Ari sich am Steinenberg für den Cortüge gruppierte, war der grosse Moment, wo Schütte seine Köpfe im Meer der neidgelben Ari-Mäntel erstmals funkeln sah. Er signierte sämtliche Larven und marschierte im Zug bis zur Mustermesse mit. Sein Kommentar: «Beeindruckend!»
Weihnachtlicher Messwein an der Fasnacht
Nochmals die Basler Zeitung zur Basler Fasnacht 2014
Rätsche
Weihnächtlicher Messwein an der Fasnacht
Von -minu
Grossaufmarsch der Waggiswägeler und Fasnachtsbeizer in der Prodega am Samstag. Alles deckte sich noch mit Lollipops, Käse für die Mehlsuppe oder Weisswein ein.
Einen Wagen knallbummsvoll mit Gemüse hat Oldtimer-Fan und Garagist Watti Enz vor sich her gestossen. Seine Gränzgänger-Waggis haben «jedem sy aigene Märtstand» zum Sujet — «und natürlich kann ich jetzt alle diese Märtständ bestücken», brummte der Autofachmann. «Wenn ich zu viel einkaufe, sind sie sauer auf mich. Ist es zu wenig: ebenfalls! Markttechnisch habe ich somit die faule Zwiebel in meinem Gliquenjob gezogen ...»
Dr Morin Guy - 8 glatte Sisch - wenn är nur mehr Sache miech ... (Verschnuuffer)
Ebenfalls beim Einkaufen für ihr Weih-Fasnachts-Bistrot hat man Ursel und Johann Wanner gesehen: «Wir bieten für den Heiligen Abend schliesslich auch Baumkugeln als Vier-UhrWecker an. Weshalb sollen wir da an der Fasnacht nicht mit einen weihnächtlichen Messwein aufwarten ...?»
Mit Vorfasnacht wärs Theater voll, grad 362-mol» , (Schnooggekerzii)
Grossaufmarsch wie immer am Laternensonntag in der Kunsthalle. Letzter Stuhl besetzt. Und Alexandre Kaden, der als Titelblatt der BaZ-Fasnachtsbeilage als Fisch-Tisch posiert hatte, durfte «Tout Bäle carnevalesque» willkommen heissen.
Traditionsgemäss feierten d Kerzendrepfli dort ihren Fasnachtsauftakt und stiessen auf den prächtigen Laternen-Wurf von Künstler Claude Kuhn an, der den Archiboldo-Gemüse-Frucht-Kopf zum Sujet ... farbenherrlich auf der Lampe aufleuchten lässt.
Gesehen hat man auch einen Tisch mit den Sirpfti - dabei die alten Fasnachts-Koryphäen Hans Gebhardt und Felix Salathé - sowie d Junte vo dr Alte Richtig, die ihr Sujet mit den letzten Schickimicki-Labels aufmotzten.
Ebenfalls an einem der Tische: Beatrice und Catherine Oerl sowie Nino und Eisbeth Weinstock (aus Italien zum Morgestraich retour) und Andreas von Planta, Chairman der Nationale Suisse und letztes Novartis Board-Member aus Basel.
Von Planta lebt seit 30 Jahren in Genf («ich verbringe aber sicher gut ein Viertel des Jahres in Basel») und übt ab Januar in der Welschschweiz sehr diszipliniert die neusten Märsche: «Irgendwie finde ich es wichtig, dass bei diesen grossen Konzernen, die ja ihre Wiege hier am Rhein haben, auch jemand aus Basel noch ein paar Töne mitzupfeifen hat!»
Dr Blatter, dä korrupt Mafflosi, wird z Katar altwäg nimme doo sy ...» (Alti Stainiemer)
Aufregung bei der Ari: Kommt Thomas Schütte? Kommt er nicht? Er kam. Und Aufatmen bei den Braintrust-Leuten, die beim Laternenabholen vor dem Kunstmuseum auf ihren Stargast warteten.
Nun galt es den Künstler unterzubringen und zu betreuen - Katrin Grögel, die Beauftragte für Kulturprojekte des Kunstkredits, nahm sich des Düsseldorfers an.
Schütte, der zusammen mit Charivari Larvenmacher Roman Peter die «Neidfratze» für die Alti Richüg geschaffen hatte, zeigte sich vom Morgestraich und den Lampen beeindruckt: «Es ist mehr als Volkskunst — es ist ein Zustand ...»
Und hier noch der dritte Beitrag
Aus der bz Basel ebenfalls zu der Basler Fasnacht, Alti Richtig und Thomas Schütte.
Hier fehlt uns der original Artikel, aber wir haben einen abgetippte Version.
Die Alti Richtig: Basler Fasnacht 2014
Aus Beyelers heiligen Hallen uff d’Gass an der Basler Fasnacht
von Simon Baur
Nach der Ausstellung in der Fondation Beyeler sorgt der Künstler Thomas Schütte mit seinen Larven für die «Alti Richtig» für Aufregung. Am ersten Fasnachtstag signierte er alle Larven der Clique.
Er scheint an Basel den Narren gefressen zu haben. Kaum ist seine Ausstellung in Riehen vorbei, findet man Thomas Schüttes unheimlich-surreale Gesichter an der Fasnacht. Von Beyelers heiligen Hallen uff d’Gass, das passt zu diesem Künstler, der gerne brisante Themen aufgreift und durch seine Kunst auf soziale Missstände aufmerksam macht.
Die Idee kam dem «Braintrust» recht spät, fast zu spät. Mitte Dezember wurde der Kontakt zu Thomas Schütte hergestellt. In der Post, die nach Düsseldorf ging, lag auch ein Buch über die Fasnacht, ein wink mit dem Zaunpfahl, dass die Fasnacht nichts mit dem deutschen Karneval zu tun hat. Dennoch fragte Thomas Schütte zunächst etwas irritiert nach, ob er denn nun für sämtliche der über 10'000 aktiven Fasnächtler eine Larve fabrizieren müsse. Die Sujetkommission gab Entwarnung und merkte noch an, Joseph Beuys habe 1978 die «Alti Richtig» auch mit Filzkostümen unterstützt und diese später zu seiner Arbeit «Feuerstätte II» verwurstet.
Roman Peter vom Larvenatelier Charivari schickte ihm ergänzend eine Anleitung, auf was er bei Larven achten müsse und nach drei Tagen Atelierklausur und einem knappen Ok nach Basel, machte sich Thomas Schütte sofort an die Arbeit. Er habe seinen Fundus durchsucht und kleine Modelle von Masken entdeckt, die ihm passend erschienen. Diese habe er rasch bearbeitet, in Silikon gegossen und sie mit dem Computer vergrössert. Eines davon hat er für Basel ausgewählt, die anderen 28 Stück habe er in Keramik herstellen lassen und kurz vor dem Cortege am Montag habe er erfahren, dass alle gut geworden seien.
Die Basler Fasnacht habe ihm also auch privaten Nutzen gebracht. Anfragen seien ihm immer willkommen, da sei es viel einfacher, zu reagieren. Folklore und Kunst seien grundsätzlich verschieden. Im Atelier auf Ideen zu warten, sei nicht das Gelbe vom Ei. Nicht nur die verzerrten Gesichter von Thomas Schütte passen zum Sujet der «Alti Richtig» «Ych Iyyd vor Nyyd», sondern auch die skurrile Bemalung, die etwas Gespenstisches hat.
Fotos von Martin Töngi
Katerfrühstück?
Damit man das Neid-Sujet richtig zelebrieren kann, braucht es natürlich auch eine Larve eines Künstler-Super-Stars, die auffällt und einmalig ist. Rund 35 Jahre nach Beuys’ Filzanzügen hat es die Alti Richtig, Nomen est omen - gold-richtig gemacht. Montag Nachmittag, pünktlich um 13.30 Uhr standen die richtig Alten bei der Kunsthalle bereit für den Cortege und Thomas Schütte, anachronistisch mit wintermütze kostümiert, mischte sich unter die rund neunzig gelb gekleideten Fasnächtler. Es machte ihm offensichtlich spass, denn er ging eine ganze weile mit und genoss nicht nur das warme Frühlingswetter.
ob die Clique durch diesen besonderen Effort nach dem Ändstraich bei einem Espresso einen Kassensturz machen muss, wollte das Mitglied des «Braintrust» nicht verraten. Zwar berichtete die «Tageswoche» im Februar vor einem Jahr von einem Beuys-Kostüm des Fasnachtsumzuges von 1978, das im Katalog des Auktionshauses Kornfeld in Bern mit 20'000 Franken geschätzt sei. Doch Recherchen der bz haben ergeben, dass dieses Kostüm an der Auktion nicht versteigert wurde und wieder an den Besitzer zurück gegangen ist. Ob eine Schütte Larve tatsächlich reich macht, werden wir in einigen Jahren sehen. Signiert hat er sie übrigens allen, die das wollten. Eine Wertsteigerung haben sie also schon am Montagnachmittag erfahren.
Quellenangaben
Basler Zeitung 2013/2014, "Weihnächtlicher Messwein an der Fasnacht" von -minu, Fotos Kostas Maros | "Neidbürger für die Alti Richtig" von -minu, Fotos Kostas Maros
bz Basel 2014, "Aus Beyelers heiligen Hallen uff d’Gass an der Basler Fasnacht", von Simon Baur, Fotos Martin Töngi
Relevante Links: Die Alti Richtig | Thomas Schütte
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